Wenn ich es schon nicht schaffe, schneller zu laufen, dann laufe ich eben weiter! So oder so ähnlich schoss es mir Ende Juni - 8 Wochen vor dem Kanal Ultra - durch den Kopf. Oder auch: wenn ich 21 Km laufen kann, dann kann ich auch 30 Km laufen... So oder so ähnlich formierte sich in mir der Wunsch den Kanal Ultra Halben Mitte August mitzulaufen. In der Laufgruppe und auch daheim stieß ich damit auf Unverständnis - zu groß sei der Sprung von 21 Km auf 30 Km in 8 Wochen. Eine erfahrene Marathonläuferin meiner Laufgruppe gab mir noch mit auf den Weg, vorher mindestens 3-4 x in Richtung 30 Km zu laufen... Ja zugegebenermaßen lag mein letzter langer Lauf schon wieder fast zwei Monate zurück - nach der Schleimbeutelentzündung hatte ich mich mehr auf kurze schnelle Läufe konzentriert... Aber nun hatte mich mein Ehrgeiz gepackt - ich wollte zum ersten Mal 30 Km laufen!
Training - in acht Wochen von 21 Km auf 30 Km
Der Trainingsplan für die nächsten Wochen stand schnell.
3-4 Läufe die Woche - davon ein langer Lauf nach Möglichkeit mit Endbeschleunigung und ein Tempo-/Intervalllauf. Das Training lief gut und ich musste nur in der Woche direkt vor dem Lauf Trainingseinheiten ausfallen lassen, weil die Einschulung meiner Großen zu viel Zeit in Anspruch nahm. Die langen Läufe fielen mir von mal zu mal leichter und ich hatte nicht ein Wehwehchen zu beklagen. Ich fühlte mich optimal vorbereitet für die 30 Km.
Schlossdomäne Wolmirstedt
Meine Familie brachte mich nach Wolmirstedt um dann Freunde zu besuchen. Für die Kinder wäre es einfach zu langweilig drei Stunden oder länger auf mich zu warten. Dabei war das Areal mit vielen durchaus interessant für Kinder - ein Schäfer und seine Schafe aus Bronze dienten als Spielgeräte für die Kinder. Wir holten die Startnummern ab und machten uns für den Start fertig. Bereits 2 Stunden früher waren die 60 Km Läufer und Läuferinnen gestartet - 17 Männer und 2 Frauen stellten sich dieser besonderen Herausforderung. Als wir erfuhren, dass Frank Schauer auf eben dieser Strecke unterwegs war, stellten wir noch Vermutungen auf, wann er uns wohl überrunden würde ;)
Startschuss
Und dann ging es für 109 Läufer und Läuferinnen pünktlich um neun auch schon auf die Strecke. Zuerst einen Kilometer durch Wolmirstedt - hier überholte uns dann tatsächlich auch schon Frank Schauer, der letztendlich nicht einmal 4 Stunden für die 60 Km benötigte. Nach der kurzen Runde durch die Stadt kam man ein zweites Mal an der Schlossdomäne vorbei - schnell noch den Kindern zu winken und dann ab in ein kleines Waldstückchen. Waldboden gehört nicht gerade zu meinen beliebtesten Untergründen, aber ich tröstete mich damit, dass es bald auf den Damm hinauf gehen würde. Leider bogen ich und einige andere Läufer dann im Wäldchen irgendwo falsch ab :( Nach ungefähr die 250 m bemerkten wir den Fehler und kehrten um - Mist 500 sehr unnötige zusätzliche Laufmeter auf der Uhr...
Endlich ging es rauf auf den Mittellandkanal. Die Strecke war landschaftlich wirklich sehr schön. Nach links schauend hatte man einen tollen Blick auf den Kalimandscharo. Ich hatte Rückenwind und startete eine kleine Aufholjagd. Im Schnitt 10-15 Sekunden pro Kilometer schneller als ich eigentlich geplant hatte zu laufen, sollte sich das natürlich wieder mal im späteren Verlauf des Rennens rächen.
Am Schiffshebwerk ging es über den Kanal - bergab war ich mit unter 5:00min/km unterwegs - zu schnell. Die Rache kam unmittelbar danach - übles Seitenstechen, das mich bei Kilometer 13 zum Anhalten zwang. Weiter ging es dann im Schneckentempo - bei jeder Einatmung drückte ich mit der Hand auf die schmerzende Stelle. Trotzdem zogen alle eben überholten Läufer wieder an mir vorbei. Wir liefen an der Niegripper-Schleuse runter vom Damm und durch ein Waldstück. So langsam lies der Schmerz nach - aber ich hatte schon aufgehört mitzuzählen, wie viele Läufer und Läuferinnen mit mittlerweile schon wieder überholt hatten. Enttäuschung machte sich breit - der Gedanke einfach aufzuhören drang langsam in meine Gedanken vor.
Am Schiffshebewerk ging es wieder hinauf auf den Damm. Die Schmerzen waren wieder weg, aber an eine Aufholjagd war nicht zu denken. Die Beine waren schwer wie blei und ein fieser Gegenwind blies mir ins Gesicht - aber noch kämpfte ich dranzubleiben. An der Trogbrücke wechselten wir erneut die Kanalseite. Der Anstieg auf den Damm war brutal - wieder die Gedanken: Bleib doch einfach stehen... Oben angekommen der harte Gegenwind. Nun traf ich die Entscheidung das Tempo ganz rauszunehmen. Ich war mittlerweile sowieso schon weit hinten im Feld - wozu sich also noch unnötig quälen? Beinahe eine Minute pro Kilometer langsamer als geplant ging es dann das letzte Stück über die Trogbrücke und den Damm. An der Verpflegungsstation gönnte ich mir zwei Becher Cola und rechnete hoch, ob ich es noch unter 3 Stunden ins Ziel schaffen könnte.
Das war also das Ziel: Noch gute 3 Km lagen vor mir als es vom Damm runter ging. Und dann sah ich sie plötzlich! Ca. 2 Km vor dem Ziel stand meine Familie und Freunde. Was für eine Überraschung! Und wie wichtig zu diesem Zeitpunkt, als jeder Schritt schwerer und die Verlockung einfach anzuhalten immer größer wurde. Mit Fahrradbegleitung ging es dann die letzten Kilometer durch Wolmirstedt wieder hoch in die Schlossdomäne wo erschöpft aber glücklich das Ziel nach 2h 57min überquerte.
Fazit
Die Veranstaltung war perfekt von der Magdeburger Laufkultur organisiert. Es hat an keiner Stelle an irgendwas gefehlt. Neben den Trinkstellen gab es zahlreiche Radbegleiter auf der Strecke. Obwohl nur knapp 130 Läufer auf der 30 Kilometer langen Strecke unterwegs waren, war ich zu keiner Zeit allein. Statt
einer Siegermedaille wurde man im Ziel mit einem kleinen Laufschuh
empfangen. Eine tolle Erinnerung an einen schönen Lauf, den ich nächstes
Jahr definitiv wieder in die Jahresplanung mit aufnehmen werde.
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